Montag, 2. März 2009

Ignoranz gegenüber Firefox lässt mich an der verwendeten Technik zweifeln

Ich habe entdeckt, dass die Seite
http://www.oeh-wahl.gv.at
nun mit Inhalten befüllt ist und nicht mehr weiterleitet.

Betrieben wird sie vom BMWF, mit dem Ziel zu informieren und es wird dann auch über diese Seite die Wahl abgewickelt werden. Sie

Sie beinhaltet diverse Informationen, zB das schon besprochene FAQ zum E-Voting. Dementsprechend inhaltlich nichts Neues.

Was neu ist, ist ein technisches Selbstdiagnosetool.
Um zu E- Voten, braucht man nebst Bürgerkarte und Lesegerät
Ein Browser aus der nachstehenden Aufzählung:
Internet Explorer 6+
Internet Explorer 7.x
Firefox 3.x
Java in nachstehender Version:
Für die Nutzung der lokalen Bürgerkartenumgebung Java in der Version 1.5
Für die Nutzung der Online Bürgerkartenumgebung Java in der Version 1.6
Javascript: Unterstützt Ihr Browser Javascript, sollte es aktiviert sein. Die Funktionalität ist jedoch auch ohne Javascript-Unterstützung gegeben.

Die Pointe aber ist, mein Firefox mit ganz normalen, durchschnittlichen Sicherheitseinstellungen, gibt bis jetzt bei jeder Bürgerkartenanwendung eine Fehlermeldung aus (siehe hier).

Klar könnte ich händisch eine Ausnahme einrichten, aber wieso sollte ich das machen?

Nun ist es wahrscheinlich, dass bei der ÖH- Wahl dereinst der selbe Fehler kommen wird, also frug ich nach, was ich machen sollte.
Sinngemäß war die Mitteilung, es geht eh und wenn nicht dann halt eine Ausnahme einrichten.

Es ist ja schon mal per se bedenklich, dass man es nicht schafft (das umfasst jetzt alle Bürgerkartenanwendungen, von Finanzonline angefangen) den zweitgebräuchlichsten Browser problemlos zu unterstützen. Wenn Firefox ein Sicherheitsproblem darin erkennt, wird das einen Grund haben, den man - wenn man das wollte - auch beheben könnte. (Wenn man das nicht könnte, dann gleich Gute Nacht, sicheres E-Voting).
Jetzt den Nutzern zuzumuten, händisch Ausnahmen einzurichten ist einfach nur mehr lächerlich. Kann das ein jeder? E-Voting nur für Informatikstudierenden oder wie?
Und überhaupt, was ist mit anderen Plattformen? Ich vermute fast, dass die Uniserver auf Unix oder einem Derivat davon laufen. Dort gibt es keinen Internetexplorer.

Ich könnte ja noch ewig weiter jammern, zB dass FF gratis ist, aber IE kostenpflichtig (wenngleich die Kosten versteckt sind in den Windows- bzw Computerkosten) und überhaupt sogar unter Studierenden (die meistens ein geringes Einkommen haben) mehr verbreitet. Abgesehen davon dass es ja noch ein paar weitere, verbreitete Browser gibt. Und wieso muss man jede Gelegenheit nutzen, Quasi- Monopolist Microsoft zuzuarbeiten? etc etc.

Aber allein wie das gehandhabt wird.

Wie soll sich da je ein Vertrauen in den Wahlvorgang bilden können, wenn man sich nicht mal genug Mühe macht, den Wahlvorgang einfach und ordentlich zu gestalten?
Wie wird dann erst beim Auszählen, beim Anonymisieren gearbeitet?

Gerda Marx im Standard- Interview

Gerda Marx ist Assistentin am Institut für Verfassungsrecht an der Univerität Wien. Sie war bis zu ihrem freiwilligen Rücktritt im Dezember 2008 Vorsitzende der Wahlkommission an der Uni Wien, deren Aufgabe insbesondere es ist, die ÖH- Wahl durchzuführen, inkl. E-Voting.

Im Standard Interview erklärt sie, wieso und warum und überhaupt:

derStandard.at: Im Dezember sind Sie als Leiterin der Wahlkommission der Uni Wien zurückgetreten. Was waren die Gründe dafür?

Marx: Am 3. Oktober ist die Verordnung zur Durchführung der E-Voting-Wahl erlassen worden. Das Ministerium hat in der ÖH das Projekt in groben Zügen vorgestellt. Es wurden aber keine detaillierten Angaben etwa zur Art der Durchführung der Stimmauszählung bzw zu den faktischen Kontrollmöglichkeiten gemacht. Ich habe mir das - soweit überhaupt Informationen vorhanden waren - näher angeschaut und mehrere Bedenken geäußert, etwa dass wir als Wahlkommission keine Möglichkeit hätten, die elektronische Stimmauszählung zu überprüfen. Am 15. Dezember haben wir (Anm.: Gerda Marx und ihr Stellvertreter Matthias Köhler), dann beschlossen, dass wir die Verantwortung nicht übernehmen können. Wir sind zurückgetreten.

Namhafte Fachleute der Informationstechnologie haben versichert, dass die zum Einsatz kommenden Verfahrensweisen alles andere als manipulationssicher sind. Dies habe ich auch bei den entsprechenden Stellen vorgebracht. Weiters habe ich darauf hingewiesen, dass weder für mich noch für die übrige Wahlkommission die Möglichkeit der Überprüfung der Auszählung der elektronisch abgegebenen Stimmen besteht. Auf meine Kritik hin hat man seitens des Ministeriums darauf verwiesen, dass entsprechende Experten zugezogen würden und diese den ordnungsgemäßen Ablauf kontrollieren würden. Aber bereits kurz darauf war anlässlich eines Symposions von den Experten keine Rede, auch nicht von der ankündigten Offenlegung des Sourcecodes, sondern wiederum nur davon, dass für die rechtliche Richtigkeit der Durchführung der Wahlen ja doch die Wahlkommisson zur Verfügung stünden.

Ich habe mich nicht in der Lage gesehen, als Feigenblatt herzuhalten. Ich wollte nicht die rechtliche Garantie dafür abgeben, dass die Wahl ordnungsgemäß abläuft, wenn es im Nachhinein faktisch nicht nachweisbar ist, dass es ohne Manipulation abgelaufen ist.

derStandard.at: Die Zeit bis zur ÖH-Wahl ist knapp. Was könnte man aus rechtlicher Sicht noch unternehmen, um die Wahl via E-Voting zu verhindern?

Marx: Aus rechtlicher Sicht wird sich nichts mehr ausgehen. Selbst wenn man den Weg für eine Klage beim VfGH fände, ist die Zeit zu kurz. Es kann nur jeder für sich beschließen, ob er das E-Voting in Anspruch nimmt oder nicht.

Der ehemalige VfGH-Präsidenten Karl Korinek hat vor kurzem auch Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit von E-Voting geäußert. Es fehlt jedenfalls eine verfassungsrechtliche Verankerung. Ob dies auch für die ÖH-Wahl gilt, bedürfte einer Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof. Es ist jedenfalls nicht jede Distanzwahl unter Briefwahl zu subsumieren.

Problematisch ist ja auch bereits die derzeitige Ausgestaltung der Briefwahl, da eine Aushöhlung zumindest des geheimen Wahlrechts damit verbunden ist.

Ich glaube aber nicht daran, dass die Wahlbeteiligung steigen wird. Denn ein junger Mensch, der das demokratische Wahlrecht nicht ausüben möchte, der macht das auch nicht am Computer. Studien zeigen, dass in den Ländern, wo es E-Voting-Projekte gibt, auch keine Erhöhung der Wahlbeteiligung stattgefunden hat.

Ich sehe nichts, was für die Einführung einer E-Voting-Wahl spricht. Es wird unüberschaubarer und manipulierbar und die Überprüfung der Gültigkeit oder Ungültigkeit einer Stimme oder der Richtigkeit der Wahlergebnisse ist möglicherweise auch den Höchstgerichten nicht mehr möglich.


In Summe sind wir jetzt an dem Punkt angelangt, wo alle Seiten nur mehr ihren Standpunkt wiederholen. Auch dieses Interview bringt - außer einen Einblick in die Beweggründe für ihren Rücktritt - wenig Neues.

Bemerkenswert ist vielleicht die Analyse, dass die Wahl jetzt jedenfalls mit E-Voting durchgeführt werden muss. Ein neues Gesetz, VO wäre zwar zeitlich vielleicht noch drinnen, ist aber unwahrscheinlich. Spannend wird auch, ob und wie die Höchstgerichte dazu sprechen.

Und ich gebe Fr. Dr. Marx recht, wer Probleme mit E-Voting sieht sollte es jedenfalls boykottieren und auch andere davon überzeugen, es zu boykottieren.

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