Freitag, 20. Februar 2009

Auch ARGE Daten kritisch zu E-Voting

http://www2.argedaten.at/session/anonym264752ozpwxo893252.E42_INP.html

Mit
Während in anderen Ländern elektronische Wahlen wieder demontiert werden, drängt die ÖVP auf eVoting
ÖH-eVoting ist offenbar bloß Förderprojekt für gescheiterte Bürgerkarte
"Wer eVoting sät, wird Demokratieverdrossenheit ernten"

beginnt diese Presseaussendung schon ziemlich eindeutig. So geht es auch weiter. (Hier nur Auszüge, Volltext auf der Arge Daten HP)

Schon im Vorfeld häuften sich probelmatische Vorfälle. Dies begann mit einem rechtlich unwirksamen Ausschreibeverfahren. Um die Wunschpaarung Bundesrechenzentrum und spanische eVoting-Firma "Scytl" durchzudrücken, wurde die eVoting-Software vom spanischen Anbieter plötzlich "hergeschenkt". Das BRZ wurde, wie Gutachten bestätigen, rechtswidrig als Dienstleister beauftragt (ftp://ftp.freenet.at/pri/evoting-gutachten.pdf).

Damit sich überhaupt Studenten an der elektronischen Wahl beteiligen, wurde die Aktion "studi.gv.at" mit einem Kostenaufwand von mehreren hundertausend Euro gestartet. Innerhalb von zwei Monaten sollten 10.000 Studenten eine Bürgerkarte + Kartenleser für das eVoting geschenkt erhalten. Geschenkt war offenbar den Studenten zu teuer.

Mir nicht. Ich sage an dieser Stelle noch mal herzlich danke! Die Zahlen sind aber nicht so schlecht, die Hälfte ging eh weg:
Nach zwei Monaten wurden gerade 4.000 Stück verschenkt, die Aktion wird - auf Kosten der Steuerzahler - bis zur ÖH-Wahl verlängert. Mehr als 5.000 "verschenkte" Geräte sind nicht zu erwarten, nur ein Teil wird damit tatsächlich wählen.
Selbst größte Optimisten erwarten von den 230.000 wahlberechtigten Studenten maximal 5.000 eVoting-Teilnehmer. Berücksichtigt man alle bisherigen eVoting-Kosten, inklusive Studien, IT-Kosten, Beschlussfassungen, Präsentationen, Werbung, eVoting-Betrieb, Prüf- und Zertifizierungskosten, kommt man auf mehrere Millionen Euro. Pro eVoter etwa 4-500,- Euro, vermutlich jedoch - abhängig von der Wahlbeteiligung - wesentlich mehr.

Was jetzt kommt, ist für fleißige LeserInnen meines Blogs zum E-Voting keine Neuigkeit:

Gegen eVoting sprechen in erster Linie grundrechtliche Bedenken. Art. 21 der UN-Charta der Menschenrechte fordert das geheime Wahlrecht, kein eVotingsystem kann das derzeit garantieren.

Frei. Geheim. Persönlich. Das sind die Grundelemente der demokratischen Wahl. Jeder Wahlvorgang hat - technisch gesehen - widersprüchliche Konzepte umzusetzen. Nur der Wahlberechtigte (persönlich), darf genau eine Stimme in völliger Anonymität (geheim) und unbeeinflusst (frei) abgeben.

Wesentlicher Teil des Wahlvorgangs ist die Transparenz des Prozesses. Jeder Laie kann jeden Schritt einer Wahl beobachten, für diese Kontrolle ist nur geringe Vorbildung notwendig. Der Vorgang ist für alle Beteiligten transparent, Wahlbeobachter sichern die ordentliche Durchführung. Selbst für einen technischen Laien, alten oder behinderten Menschen ist der Vorgang nachvollziehbar. Diese Transparenz schafft das notwendige Vertrauen, damit ein Wahlergebnis auch tatsächlich akzeptiert wird.


Andere Länder setzen auf Partizipation, Mitbestimmung durch elektronische Medien. Großbritannien bietet seinen Bürgern unter http://petitions.number10.gov.uk/ eine elektronische Petitionsplattform an, mit Informationen zum Erledigungsstand inklusive.

Österreich beharrt unbeirrt auf mehr Kontrolle seiner Bürger durch neue Register und ausufernde Bürgeridentifikation mittels zentraler Personalnummern und elektronischer Bürgerkarte. Das ÖH-eVoting-Projekt ist erklärtermaßen ein Versuch das seit neun Jahren lahmende Bürgerkartenprojekt des Bundeskanzleramtes durchzusetzen.

Wow, ich bin ein Nachzügler, erst nach 9 Jahren habe ich mir einen Bürgerkarte geholt. Einen Wii hatte ich ein halbes Jahr nachdem er neu war.

Der Bürger kann das Ergebnis nur glauben, nachvollziehen, wie bei der traditionellen Wahl, kann er es nicht. Aus einem öffentlich beobachtbaren Prozess, der von beliebig vielen Wahlbeobachtern überprüft werden kann, wird ein technischer Prozess, bei dem die überwiegende Zahl der Bürger einer verschwindend kleinen technischen Elite glauben muss, den Vorgang nicht manipuliert zu haben.

Die für das ÖH-eVoting vorgesehene Prüfstelle A-SIT steht unter dem bestimmenden Einfluss des Finanzministeriums und dem IAIK an der TU-Graz. Das Finanzministerium ist jedoch auch der wirtschaftlich Begünstigte des Bundesrechenzentrums, dem Betreiber von eVoting. Unter der Grazer A-SIT-Adresse finden sich das EGIZ E-Government Innovationszentrum, das im Auftrag des Bundeskanzleramtes agiert und eine steirische "Stiftung Secure Information and Communication Technologies SIC", die sich mit der wirtschaftlichen Verwertung von eGovernmentprodukten beschäftigt. Alle Einrichtungen sind mehrfach personell, wirtschaftlich und organisatorisch miteinander verwoben. Bestimmende Personen der A-SIT gestalten gleichzeitig die IKT-Strategie des Bundeskanzleramtes, sind wesentlich an der Entwicklung der Bürgerkarte, die für die eVoting-Teilnahme notwendig ist, beteiligt und haben wirtschaftliche Interessen an der Verbreitung der dazugehörigen Produkte.

Zieht man die EU-Richtlinien zum Thema Geldwäsche heran (ftp://ftp.freenet.at/privacy/gesetze/eg-richtlinie-geldwaesch...), dann handelt es sich bei dem A-SIT-, BRZ-, EGIZ-, SIC-, BKA/IKT- und IAIK-Geflecht um eine einzige administrativ-wirtschaftliche Einheit, geschaffen um Unabhängigkeit vorzugaukeln mit zahllosen gegenseitigen Abhängigkeiten. Im Ergebnis prüft sich der ÖH-eVoting-Betreiber selbst.

Das mag jetzt arg klingen, aber solche Dinge sind in Österreich sicher schon mal auch in anderen Bereichen vorgekommen.

International existieren mehrere Standards zur Informationssicherheit. Einer der häufigst verwendeten Standards ist ISO27001, dieser gilt aber für Organisationen und nicht Produkte. Laut Dienstleistervereinbarung soll dieser Standard vom BRZ jedoch nur "so weit wie möglich" eingehalten werden. Das BRZ entscheidet also, was es davon einhalten wird. Weiters ist die A-SIT gar nicht zu ISO27001-Zertifizierungen berechtigt.

Damit entpuppt sich die "Zertifizierung" als Mogelpackung, ein Plazebo für Öffentlichkeit und Kritiker.

Zum Einsatz kommt ein System der spanischen "Scytl Secure Electronic Voting", das zuletzt bei einer finnischen Wahl mit einer 2%igen Fehlerrate auffiel. Auch die Anonymität war nicht gesichert.

Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass keine unabhängige und transparente Kontrolle des ÖH-eVotings vorgesehen ist, technische Standards nur nach eigenem Ermessen eingehalten werden und die Wähler keine Garantie haben, dass ihre Stimme tatsächlich gezählt wird.


Wahlen sind weder bloß technische Prozesse, noch keine individuellen Ereignisse. Wahlen sind der Endpunkt einer Wahlbewegung, einer Kampagne, die nicht nach Belieben wiederholt werden kann. Welche Personen, welche Themen dominieren, beeinflussen die Wahlentscheidung. Diese Wahlbewegung ist nicht wiederholbar, kommt es zu Pannen, ist das Ergebnis unwiderruflich verfälscht. Gerade dieses Argument finde ich etwas ausgefallen. Die Demokratie hat durchaus das Modell des rational entscheidenden Wählers, der sich wohl wieder so entscheiden würde, weil es eben richtig für ihn/sie ist. Das Wahlergebnis quasi als zufälliges Produkt, determiniert durch PR Kampagnen, selektive Themenauswahl und Spitzenkandidaten, darzustellen, finde ich unschlüssig, wenn man den demokratischen Prozess zu verteidigen versucht.

Die Stimmabgabe ist zwar eine individuelle Entscheidung, hat aber kollektive Auswirkungen, das ist ja die wesentliche Faszination von Wahlen. Hält jemand eVoting für manipulationsanfällig, nützt es ihn nichts, dass er es nicht verwendet. Die abgegebenen eVoting-Stimmen beeinflussen trotzdem das Wahlergebnis und damit seine Wahl. Kein Bürger kann dann mehr sicher sein, dass nicht einige eVotingsstimmen ein Teilergebnis oder sogar das Gesamtergebnis umgedreht haben.

Dies gilt besonders bei einer Wahl, wie der ÖH-Wahl mit den zahllosen Gremien, in denen in der Vergangenheit oft einzelne Stimmen über Sieg und Niederlage einer Gruppe entscheiden.


Stellenweise etwas zu reißerisch geschrieben, was den Blick auf das eigentliche Problem fast schon verschleiert, aber im Großen und Ganzen sollte auf die Argumente eingegangen werden. Bisher reduziert sich das auf "Ist ja eh nicht so arg".

ÖHler meint, BRZ darf Daten für die Wahldurchführung nicht erhalten

http://futurezone.orf.at/stories/1502774/
Florian Ortner, Vorsitzender der ÖH der Universität Graz (Fraktion: Fachschaft) und Sprecher der Vorsitzendenkonferenz der Universitätsvertretungen, verwies auf ein rechtliches Gutachten, laut dem die vom Wissenschaftsministerium bestellten Vorsitzenden der Wahlkommissionen nicht dazu berechtigt seien, das Bundesrechenzentrum (BRZ) mit der Abwicklung der ÖH-Wahl zu beauftragen. Die Vorsitzenden hätten eine Vereinbarung nach Paragraf 10 Datenschutzgesetz unterzeichnet, die die Weitergabe der Daten der Studierenden an das BRZ erlaube.
Das von Johannes Hahn (ÖVP) geführte Wissenschaftsministerium habe das vorausgeahnt, indem es in einem Schreiben an die Vorsitzenden der Wahlkommissionen diese bei etwaigen rechtlichen Gegenmaßnahmen schad- und klaglos halten werde. Ortner kündigte seinerseits juristische Gegenmaßnahmen an. Man habe bereits zwei Anwaltskanzleien kontaktiert, die dabei helfen würden, die Interessen der E-Voting-Kritiker zu vertreten.
Ortner kritisierte auch das Vergabeverfahren. Dieses sei erst gescheitert, da sich die beiden Mitbewerber von Scytl darüber beschwert hatten, dass das spanische Unternehmen zu billig angeboten habe. Nach Informationen, die Ortner vorlägen, habe Scytl lediglich 158.569 Euro für das E-Voting-System verlangt.

Nach diesen Beschwerden habe das Wissenschaftsministerium die Ausschreibung zurückgezogen und den Auftrag im Rahmen eines internen Vergabeverfahrens an das Bundesrechenzentrum übergeben, das wiederum die Software bei Scytl geordert habe. Da es keine neue Ausschreibung gegeben habe, vermutet Ortner, dass Scytl die Software kostenlos zur Verfügung stelle.


Leider steht die genauere rechtliche Begründung nicht da. Vielleicht finde ich sie noch heraus.

Wahlk(r)ampf in Salzburg

... und Vorwahltag in Kärnten:

Der Standard berichtet über den Salzburger Wahlkampf die folgende Anekdote:
Zitat:
Landeshauptfrau Gabi Burgstaller "flirtet heftig mit der FPÖ", warnt Haslauer, der sich freilich auch eine schwarz-blaue Koalition vorstellen kann.


In Kärnten ist heute Vorwahltag, dh es kann schon heute, 9 Tage vor der Wahl, gewählt werden, jede Gemeinde muss mindestens ein Wahllokal mindestens 2 Stunden offen halten. Wahlkarten gibt es übrigens auch. Die einzige Partei die gegen diese Neuerung war (die es auch in NÖ geben soll), ist das BZÖ.

So, und noch ein Standardbericht aus Salzburg:
Zitat:
"Heil Hitler", ruft ein Jugendlicher bei einer Wahlkampf-Veranstaltung der FPÖ in Faistenau in Salzburg, an der auch Parteichef Heinz-Christian Strache teilgenommen hat.

Diesen Youtube- Link postet der Standard, ich konnte ihn mir aber noch nicht selbst anschauen, außerdem soll er schon wieder weg sein.
Zitat:
"Offensichtlich kann man auf politischen Veranstaltungen jetzt wieder 'Heil Hitler' rufen, ohne dass dies irgendwelche Konsequenzen hat. Das sollte allen Parteien zu denken geben."


Da fällt mir jetzt ein Witz von K. Valentin ein, so unpassend das hier auch sein mag: "Wie gut, dass der Führer nicht Kräuter heißt".
Zitat:
Mario Apriessnig, Sprecher der FPÖ in Salzburg, bezeichnet die Vorkommnisse auf der FPÖ-Veranstaltung als "sehr verwunderlich". Im Gespräch mit derStandard.at sagt er, er und seine Kollegen hätten "nicht mitbekommen", was da vor sich gegangen ist - und das, obwohl man "höllisch aufgepasst" habe.

Höllisch aufgepasst auf was? Dass die anwesenden Neonazis nicht vor der Kamera ihrer Gesinnung freien Lauf lassen? Zitat:
Apriessnig will nicht ausschließen, dass der Jugendliche "provoziert" worden sei.
Sieht man ja tagtäglich, Jugendliche, die drangsaliert, verhöhnt, herumgeschubst werden, unter großem Gruppendruck stehen, irgendwann ist dann der Punkt erreicht, wo sie nicht mehr können, wo sie sich nicht mehr zu helfen wissen, wo es aus ihnen herausbricht, sie geradezu schreien müssen "s.o.".
Zitat:
Möglich sei auch dass es sich um eine "linke Störaktion" gehandelt habe. "Das würde nicht zum ersten Mal vorkommen", so Apriessnig.
Das ist jetzt die Wahl zwischen Pest und Cholera: Ist es einfach schon ok, bei F Veranstaltungen Heil Hitler zu schreien oder ist es einfach schon ok, Veranstaltungen der politischen Gegner mit NS- Wiederbetätigung, die man dann natürlich denen in die Schuhe schiebt, zu stören? Ich vermute, es wird sich aufklären lassen. Wir bleiben dran.
Zitat:
Die FPÖ will keine Konsequenzen aus dem Vorfall ziehen, sagt Apriessnig.

Da könnte ja sonst jeder kommen, das haben wir ja noch nie so gemacht.

Blog wurde geschlossen - Nachfolge: http://forum.kortz.at

Web Counter-Modul

Suche

 

Status

Online seit 6076 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 30. Jul, 08:34

Credits


E-Voting
Gesellschaft, Medien etc
IP, IT, IKT
Katzen (Herr Katz und Batgirl)
Persönlich
Politik
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren