Gerda Marx im Standard- Interview
Gerda Marx ist Assistentin am Institut für Verfassungsrecht an der Univerität Wien. Sie war bis zu ihrem freiwilligen Rücktritt im Dezember 2008 Vorsitzende der Wahlkommission an der Uni Wien, deren Aufgabe insbesondere es ist, die ÖH- Wahl durchzuführen, inkl. E-Voting.
Im Standard Interview erklärt sie, wieso und warum und überhaupt:
derStandard.at: Im Dezember sind Sie als Leiterin der Wahlkommission der Uni Wien zurückgetreten. Was waren die Gründe dafür?
Marx: Am 3. Oktober ist die Verordnung zur Durchführung der E-Voting-Wahl erlassen worden. Das Ministerium hat in der ÖH das Projekt in groben Zügen vorgestellt. Es wurden aber keine detaillierten Angaben etwa zur Art der Durchführung der Stimmauszählung bzw zu den faktischen Kontrollmöglichkeiten gemacht. Ich habe mir das - soweit überhaupt Informationen vorhanden waren - näher angeschaut und mehrere Bedenken geäußert, etwa dass wir als Wahlkommission keine Möglichkeit hätten, die elektronische Stimmauszählung zu überprüfen. Am 15. Dezember haben wir (Anm.: Gerda Marx und ihr Stellvertreter Matthias Köhler), dann beschlossen, dass wir die Verantwortung nicht übernehmen können. Wir sind zurückgetreten.
Namhafte Fachleute der Informationstechnologie haben versichert, dass die zum Einsatz kommenden Verfahrensweisen alles andere als manipulationssicher sind. Dies habe ich auch bei den entsprechenden Stellen vorgebracht. Weiters habe ich darauf hingewiesen, dass weder für mich noch für die übrige Wahlkommission die Möglichkeit der Überprüfung der Auszählung der elektronisch abgegebenen Stimmen besteht. Auf meine Kritik hin hat man seitens des Ministeriums darauf verwiesen, dass entsprechende Experten zugezogen würden und diese den ordnungsgemäßen Ablauf kontrollieren würden. Aber bereits kurz darauf war anlässlich eines Symposions von den Experten keine Rede, auch nicht von der ankündigten Offenlegung des Sourcecodes, sondern wiederum nur davon, dass für die rechtliche Richtigkeit der Durchführung der Wahlen ja doch die Wahlkommisson zur Verfügung stünden.
Ich habe mich nicht in der Lage gesehen, als Feigenblatt herzuhalten. Ich wollte nicht die rechtliche Garantie dafür abgeben, dass die Wahl ordnungsgemäß abläuft, wenn es im Nachhinein faktisch nicht nachweisbar ist, dass es ohne Manipulation abgelaufen ist.
derStandard.at: Die Zeit bis zur ÖH-Wahl ist knapp. Was könnte man aus rechtlicher Sicht noch unternehmen, um die Wahl via E-Voting zu verhindern?
Marx: Aus rechtlicher Sicht wird sich nichts mehr ausgehen. Selbst wenn man den Weg für eine Klage beim VfGH fände, ist die Zeit zu kurz. Es kann nur jeder für sich beschließen, ob er das E-Voting in Anspruch nimmt oder nicht.
Der ehemalige VfGH-Präsidenten Karl Korinek hat vor kurzem auch Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit von E-Voting geäußert. Es fehlt jedenfalls eine verfassungsrechtliche Verankerung. Ob dies auch für die ÖH-Wahl gilt, bedürfte einer Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof. Es ist jedenfalls nicht jede Distanzwahl unter Briefwahl zu subsumieren.
Problematisch ist ja auch bereits die derzeitige Ausgestaltung der Briefwahl, da eine Aushöhlung zumindest des geheimen Wahlrechts damit verbunden ist.
Ich glaube aber nicht daran, dass die Wahlbeteiligung steigen wird. Denn ein junger Mensch, der das demokratische Wahlrecht nicht ausüben möchte, der macht das auch nicht am Computer. Studien zeigen, dass in den Ländern, wo es E-Voting-Projekte gibt, auch keine Erhöhung der Wahlbeteiligung stattgefunden hat.
Ich sehe nichts, was für die Einführung einer E-Voting-Wahl spricht. Es wird unüberschaubarer und manipulierbar und die Überprüfung der Gültigkeit oder Ungültigkeit einer Stimme oder der Richtigkeit der Wahlergebnisse ist möglicherweise auch den Höchstgerichten nicht mehr möglich.
In Summe sind wir jetzt an dem Punkt angelangt, wo alle Seiten nur mehr ihren Standpunkt wiederholen. Auch dieses Interview bringt - außer einen Einblick in die Beweggründe für ihren Rücktritt - wenig Neues.
Bemerkenswert ist vielleicht die Analyse, dass die Wahl jetzt jedenfalls mit E-Voting durchgeführt werden muss. Ein neues Gesetz, VO wäre zwar zeitlich vielleicht noch drinnen, ist aber unwahrscheinlich. Spannend wird auch, ob und wie die Höchstgerichte dazu sprechen.
Und ich gebe Fr. Dr. Marx recht, wer Probleme mit E-Voting sieht sollte es jedenfalls boykottieren und auch andere davon überzeugen, es zu boykottieren.
Im Standard Interview erklärt sie, wieso und warum und überhaupt:
derStandard.at: Im Dezember sind Sie als Leiterin der Wahlkommission der Uni Wien zurückgetreten. Was waren die Gründe dafür?
Marx: Am 3. Oktober ist die Verordnung zur Durchführung der E-Voting-Wahl erlassen worden. Das Ministerium hat in der ÖH das Projekt in groben Zügen vorgestellt. Es wurden aber keine detaillierten Angaben etwa zur Art der Durchführung der Stimmauszählung bzw zu den faktischen Kontrollmöglichkeiten gemacht. Ich habe mir das - soweit überhaupt Informationen vorhanden waren - näher angeschaut und mehrere Bedenken geäußert, etwa dass wir als Wahlkommission keine Möglichkeit hätten, die elektronische Stimmauszählung zu überprüfen. Am 15. Dezember haben wir (Anm.: Gerda Marx und ihr Stellvertreter Matthias Köhler), dann beschlossen, dass wir die Verantwortung nicht übernehmen können. Wir sind zurückgetreten.
Namhafte Fachleute der Informationstechnologie haben versichert, dass die zum Einsatz kommenden Verfahrensweisen alles andere als manipulationssicher sind. Dies habe ich auch bei den entsprechenden Stellen vorgebracht. Weiters habe ich darauf hingewiesen, dass weder für mich noch für die übrige Wahlkommission die Möglichkeit der Überprüfung der Auszählung der elektronisch abgegebenen Stimmen besteht. Auf meine Kritik hin hat man seitens des Ministeriums darauf verwiesen, dass entsprechende Experten zugezogen würden und diese den ordnungsgemäßen Ablauf kontrollieren würden. Aber bereits kurz darauf war anlässlich eines Symposions von den Experten keine Rede, auch nicht von der ankündigten Offenlegung des Sourcecodes, sondern wiederum nur davon, dass für die rechtliche Richtigkeit der Durchführung der Wahlen ja doch die Wahlkommisson zur Verfügung stünden.
Ich habe mich nicht in der Lage gesehen, als Feigenblatt herzuhalten. Ich wollte nicht die rechtliche Garantie dafür abgeben, dass die Wahl ordnungsgemäß abläuft, wenn es im Nachhinein faktisch nicht nachweisbar ist, dass es ohne Manipulation abgelaufen ist.
derStandard.at: Die Zeit bis zur ÖH-Wahl ist knapp. Was könnte man aus rechtlicher Sicht noch unternehmen, um die Wahl via E-Voting zu verhindern?
Marx: Aus rechtlicher Sicht wird sich nichts mehr ausgehen. Selbst wenn man den Weg für eine Klage beim VfGH fände, ist die Zeit zu kurz. Es kann nur jeder für sich beschließen, ob er das E-Voting in Anspruch nimmt oder nicht.
Der ehemalige VfGH-Präsidenten Karl Korinek hat vor kurzem auch Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit von E-Voting geäußert. Es fehlt jedenfalls eine verfassungsrechtliche Verankerung. Ob dies auch für die ÖH-Wahl gilt, bedürfte einer Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof. Es ist jedenfalls nicht jede Distanzwahl unter Briefwahl zu subsumieren.
Problematisch ist ja auch bereits die derzeitige Ausgestaltung der Briefwahl, da eine Aushöhlung zumindest des geheimen Wahlrechts damit verbunden ist.
Ich glaube aber nicht daran, dass die Wahlbeteiligung steigen wird. Denn ein junger Mensch, der das demokratische Wahlrecht nicht ausüben möchte, der macht das auch nicht am Computer. Studien zeigen, dass in den Ländern, wo es E-Voting-Projekte gibt, auch keine Erhöhung der Wahlbeteiligung stattgefunden hat.
Ich sehe nichts, was für die Einführung einer E-Voting-Wahl spricht. Es wird unüberschaubarer und manipulierbar und die Überprüfung der Gültigkeit oder Ungültigkeit einer Stimme oder der Richtigkeit der Wahlergebnisse ist möglicherweise auch den Höchstgerichten nicht mehr möglich.
In Summe sind wir jetzt an dem Punkt angelangt, wo alle Seiten nur mehr ihren Standpunkt wiederholen. Auch dieses Interview bringt - außer einen Einblick in die Beweggründe für ihren Rücktritt - wenig Neues.
Bemerkenswert ist vielleicht die Analyse, dass die Wahl jetzt jedenfalls mit E-Voting durchgeführt werden muss. Ein neues Gesetz, VO wäre zwar zeitlich vielleicht noch drinnen, ist aber unwahrscheinlich. Spannend wird auch, ob und wie die Höchstgerichte dazu sprechen.
Und ich gebe Fr. Dr. Marx recht, wer Probleme mit E-Voting sieht sollte es jedenfalls boykottieren und auch andere davon überzeugen, es zu boykottieren.
pantywaist - 2. Mär, 14:08
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